Chronik des TV Viktoria 1894 Dielheim
Dielheim, den 27.Mai 1894.
Im Gasthaus "Zur Krone" treffen sich junge Dielheimer Männer mit Herrn Oberlehrer Falk, um einen Verein zu gründen. Ziele des Vereins sollen sein: Turnen, Leichtathletik und die Pflege der Geselligkeit. Als Vereinsnamen wird "Turnverein Viktoria" gewählt. Als 1.Vorsitzender des neuen Vereins fungiert Karl Ritz. So, oder ähnlich müssen wohl die Schlagzeilen bei der Bekanntmachung gelautet haben. Der Verein ist gegründet, aber die äußeren Bedingungen gestalten sich zunächst recht schwierig! Es ist kein Raum für den Turnbetrieb zu finden. Alle sportlichen Aktivitäten finden im Freien statt. Trotz dieser widrigen Umstände beteiligt man sich drei Jahre nach der Gründung mit 40 Sportlern beim Sportfest in Wiesloch.
1901 findet dann in Dielheim das 1. Turnfest statt; verbunden mit der Weihe der Vereinsfahne.
1905 – vier Jahre später - wird auf dem Platz des heutigen Anwesens Augartenstraße 7 eine "Sporthalle" errichtet. Ein einfacher Holzbau, ohne Zwischendecke , ohne festen Boden, ohne Beleuchtung. Die Mitglieder sind zufrieden; froh, wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben. Der Sportbetrieb ist nun witterungs-unabhängig. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs bringt auch für den Turnverein eine folgenschwere Zwangspause. Das Vereinsleben liegt dar nieder und viele junge Männer kehren von der Front nicht mehr zurück.
1920 wird der Sportbetrieb erneut aufgenommen. Ganz im Geiste der damaligen Zeit, herrscht im Verein strenge Ordnung. Zitate aus der Satzung:
- §3 "Die Mitglieder zerfallen in aktive,passive und Ehrenmitglieder"
- §4 "Aktives Mitglied kann jeder Unbescholtene werden, der das 16. Lebensjahr zurückgelegt hat"
- §6 "Jünglinge von 14 bis 16 können als "Zöglinge" aufgenommen werden, nachdem sie die schriftliche Einwilligung ihrer Eltern, Lehrherren oder Vormünder beigebracht haben"
In der Turnordnung §11 heißt es:
- "Auf dem Turnplatz soll nur gesprochen werden, was zur Sache gehört; laute Beifallsbezeugungen oder Tadel sind unstatthaft. Lärmen, Rauchen, Essen, Trinken, sowie das Mitbringen von Hunden ist unbedingt verboten"
- "Dreimaliges unentschuldigtes Fehlen führt zum Ausschluss aus dem Verein."
Wie gut, dass sich die Zeiten ändern ...
Eine herbe Enttäuschung erlebt der Verein 1924. Auf behördliche Anordnung muss der Turnschuppen wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Die Turner stehen nun wieder im "Regen". Um den Sportbetrieb wenigstens einigermaßen vernünftig durchführen zu können, gelingt es in intensiven Verhandlungen, die Gemeinde zur Mitgestaltung eines Sportplatzes zu bewegen, der im September 1925 eingeweiht wird. Im gleichen Jahr erhalten die Turner im neuerbauten Schuppen der "Stratz" eine- wenn auch beengte- Unterkunft.
1926 wird die Handballabteilung gegründet. Seit der Gründung des Vereins bis zum Jahr 1937 nehmen die Turner und Leichtathleten an vielen Wettkämpfen in der näheren und weiteren Umgebung teil. Sie können sich hinter den Turnern aus den Vereinen Heidelbergs in die Reihen der Besten einordnen. (Jährlich werden auch vereinsinterne Veranstaltungen durchgeführt). Ende des Jahres 1938 kommt der Sportbetrieb, wegen Wehr- und Arbeitsdienst und den Kriegsereignissen völlig zum Erliegen.
In der schwierigen Nachkriegszeit sind strenge Auflagen der Besatzungsmacht zu erfüllen. Der damalige Ortsgeistliche Pfarrer Martin Walter wird 1945 gebeten, zwischen dem Verein und den zuständigen Behörden zu vermitteln. Dies führt zum Erfolg. Pfarrer Walter erwirkte bei der US-Militärregierung in Heidelberg die erforderliche Genehmigung, den Sportbetrieb satzungsgemäß wieder aufnehmen zu dürfen. Im Besitz dieser Genehmigung beschließt die Generalversammlung im Oktober 1945 den Zusammenschluss des Turnvereins Viktoria 1894 mit dem Fußballverein 1.FC 1927. Der neue Name lautet " Sportgemeinschaft Dielheim"
Fußball wird bereits im November 1945 verbandsmäßig gespielt. Die Handballer nehmen 1946 den Sportbetrieb wieder auf. Für die Turner ist vor allem die räumliche Situation sehr schwierig. Aus diesem Grund ist ein geordneter Turnbetrieb bis 1949 nicht möglich. 1949 trennt sich der Turnverein von der Sportgemeinschaft.
Im März '49 wird die Genehmigung zum Wiederaufbau des Turnvereins Viktoria erteilt. 1950 ziehen die Turner wieder in den alt vertrauten Turnschuppen in der 'Stratz' bei Theo Knopf ein. Hier macht das Turnen viel Spaß, da bei schönem Wetter im Biergarten geübt werden kann - stets von fachkundigem Publikum beobachtet. Überhaupt, beginnt beim Turnverein ab 1950 ein neues Zeitalter. Das Mädchen- und Frauenturnen wird von Frau Marianne Hanke ins Leben gerufen. Der Zuspruch ist enorm. Die nun ständig steigende Zahl der Aktiven macht den Bau einer eigenen Sporthalle unumgänglich.
In der Generalversammlung am 28.Februar 1953 beschließt man, sich bei der Gemeinde um einen Bauplatz zu bemühen. Schon im Juni des gleichen Jahres ist der Plan erstellt und am 31. Okt. Baubeginn. In unzähligen freiwilligen Stunden der Vereinsmitglieder sind die Bauarbeiten im Juni 1954 fast fertig. Ein Vertreter des Kultusministers informiert sich vor Ort; er ist erstaunt, in welch kurzer Zeit und mit knappen finanziellen Mitteln, die Baumaßnahme gediehen ist. Nachdem sich der Verein verpflichtet, die Halle 25 Jahre lang für den Schulsport zur Verfügung zu stellen, steht auch einem kleinen Zuschuss des Kultusministeriums nichts mehr im Wege.
Im August 1954, anlässlich des 60 jährigen Vereinsjubiläums, wird die Turnhalle im Rahmen eines großen Turnfestes eingeweiht. Aufgrund der nun guten räumlichen Verhältnisse gibt es bald neue Abteilungen, z. B. Tischtennis und Faustballgruppe. Das Kinder- und Jugendturnen wird intensiviert.
Durch die neue Halle ist nun auch die Möglichkeit gegeben, Winterfeiern und Theateraufführungen zu veranstalten, die sich im Laufe der Zeit immer mehr zu "Bunten Abenden" entwickeln. Diese "Bunten Abende" werden ab 1955 fester Bestandteil des Vereinsgeschehens; sie sind weithin bekannt und erfreuen sich bis heute immer größerer Beliebtheit. Der "Bunte Abend" bietet die Möglichkeit, dass die verschiedenen Abteilungen sich als geschlossener Verein in einer Form der Öffentlichkeit präsentieren, die über den üblichen Rahmen eines Sportvereins weit hinausgeht.
Die Übungsmöglichkeiten in der neuen Turnhalle bringen den Verein natürlich in seiner sportlichen Entwicklung voran, was in den folgenden Jahren durch die Teilnahme an vielen "Landes-Turnfesten" und "Deutschen Turnfesten" zum Ausdruck kommt, bei denen zahlreiche gute Platzierungen errungen werden. 1971 wird die Palette der sportlichen Betätigungen um die Volkslaufgruppe erweitert und bald ist die vereinseigene Turnhalle zu klein.
Die Turner und die Handballer verlegen teilweise ihr Training in die Kulturhalle. Angeregt durch das "Internationale Jahr der Behinderten" wird in Anlehnung an die alljährlichen "Bunten Abende" am 09.03.1981 eine große Abendveranstaltung zu Gunsten der "Aktion Sorgenkind" durchgeführt. Die Einnahmen fließen der "Aktion Sorgenkind " und der "Lebenshilfe für geistig behinderte Kinder" zu.
1982 wird die Abteilung "Mutter und Kind" gegründet, wo Mütter oder Väter mit ihrem Nachwuchs spielerisch den Sport eingeführt werden. 1984 ist ein herausragendes Jahr. Der Verein feiert in großen Veranstaltungen sein 90 jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird auch die 1. Dorfolympiade auf dem Sportplatz durchgeführt - ein Spielfest, zu dem die gesamte Dielheimer Bevölkerung eingeladen ist. Der Turnverein erweitert seine Abendveranstaltungen um den "Ball des Sports". Er wird schnell zum gesellschaftlichen Ereignis - ein glanzvoller Abend mit Tanz und Unterhaltung. Der Ball wird in den folgenden 15 Jahren fester Bestandteil des jährlichen Veranstaltungs-Kalenders. Er wird von den Mitgliedern der "Er und Sie"- Sportgruppe mit viel Liebe und großem Aufwand ausgestaltet.
Im gleichen Jahr wird die neue gemeindeeigene "Leimbachhalle" ihrer Bestimmung übergeben. Der Verein mietet sie teilweise. Damit haben die Handballer endlich eine wettkampfgerechte Spiel- und Trainingsmöglichkeit. Die Volksläufer können sich hier besser entfalten. Auch das Training der Turnerinnen und Turner findet größtenteils in der Leimbachhalle statt. Und wieder können neue Abteilungen gegründet werden. Das "Er und Sie Turnen", die Seniorensportgruppe und die heutige Step & Power Gruppe.
Mit großem freiwilligem Arbeitseinsatz wird Ende der 80er Jahre begonnen - die vereinseigene Turnhalle innen und außen zu sanieren, umzugestalten und zu verbessern – neue Heizung, Bühnenerneuerung, Hallendecke, Barausstattung. Mit dem neuerstellten Anbau - in dem die Küche, Wirtschaftsräume, Duschen und Toiletten untergebracht sind - finden die Arbeiten 1993 ihren "vorläufigen" Abschluss.
1994: Das Jahr des 100jährigen Vereinsjubiläums
Monatelange Vorbereitungen münden in ein beachtenswertes, "heißes" Festwochenende. Im Vorfeld gibt es in den Räumen der Bezirkssparkasse in Dielheim eine vielbeachtete interessante Ausstellung mit alten Urkunden, Pokalen, Abzeichen, Siegerkränzen aus Eichenlaub und hunderten von Bildern aus allen Epochen der Vereinsgeschichte. Das Festwochenende wird vom 24.-27. Juni mit einem großartigen Programm gefeiert. Am Freitag ist der Festumzug mit den Dielheimer Vereinen mit anschließendem Festbankett im riesigen phantastisch ausgeschmückten Festzelt. Festredner ist der Sportkreisvorsitzende Prof. Heinz Brehm.
Staatsminister Bernd Schmidbauer überreicht dem Verein die "Ehrenplakette des Bundespräsidenten" für das 100-jährige Bestehen. Herr Schmidbauer ist vom Auftritt der Jungs und Mädchen unserer Turnerjugend so begeistert, dass er sie spontan mit ihren Betreuern nach Bonn in den Bundestag einlädt.
Der Samstag steht ganz im Zeichen des "Bunten Abends" mit den Höhepunkten der letzten Jahre. Die Zuschauer -im prallgefülltem Festzelt- sind total begeistert. Sonntag: Nach dem Totengedenken auf dem Friedhof, feiert man im Festzelt einen feierlichen Gottesdienst mit liturgischen Tänzen. Der Festumzug am Nachmittag wird ausschließlich von über1000 Vereinsmitgliedern und dem Spielmannszug des "Deutschen Turnerbundes" aus Waibstadt gestaltet. Am Abend gibt es eine Modenschau --mit dem Motto: Sport und Mode – In Zusammenarbeit mit dem "Sport- und Schuhhaus Rachel", zeigen "Models" aus den eigenen Reihen des Vereins, was zurzeit "in" ist. Dabei lässt das Motto schon ahnen, dass die sportliche Seite bei der Präsentation nicht zu kurz kommt.
Am Montag: Ist Kinder-, Familien- und Altennachmittag mit Spiel, Spaß und viel Unterhaltung im Festzelt. Der Dorfabend mit den Dielheimer Vereinen -- der als "olympischer Zwölfkampf ausgeschrieben ist -- soll ein weiterer Höhepunkt des Festes werden. Mit großem Ehrgeiz sind alle Mannschaften bei den verschiedenen Disziplinen begeistert bei der Sache wie etwa: Taucherflossen Wettlauf; Tellerdrehen, Tarzan Weitschwingen, Luftballon-Knall-Staffette!
Dann aber kam der wirklich große Knall!!!!!
Die brütende Hitze der letzten Tage entlädt sich in einem verheerenden Unwetter mit wolkenbruchartigem Regen und heftigem Gewitter. Mindestens 1000 Schutzengel verhindern, dass eine Panik ausbricht. Man entschließt sich den Wettkampf abzubrechen. Aus dem "olympischen Zwölfkampf " wird ein "wassergeschädigter Sechskampf ", bei dem das Männerquartett als 1. Sieger hervorgeht. Diesen dramatischen Abend wird von den Dielheimern wohl bis heute niemand vergessen haben. So nimmt das Jubiläum zwar ein abruptes Ende; das schmälert jedoch in keiner Weise den Wert der Begegnungen und des fröhlichen Miteinanders der letzten vier Tage. Die Festlichkeiten sind zu Ende und der sportliche Alltag kehrt wieder ein.
Bald wird die neue Abteilung Aerobic gegründet. 1996 findet mit "Radio Regenbogen" auf dem Schulhof eine "Fun Olympiade" der TV Kids statt. 1997 sind 26 Dielheimer Sportler beim Landesturnfest in Karlruhe dabei. 2002 findet das Deutsche Turnfest in Leipzig statt – natürlich mit Dielheimer Beteiligung.
2004 Der Startschuss ins 110te Jubiläumsjahr fällt bei der Silvester-Party am Dorfbrunnen bei der Kirche. Hier beginnt auch der "Spendenmarathon" des Vereins für die Aktion " Kinder unterm Regenbogen". In 13 verschiedenen Mitmach-Aktivitäten über das Jahr verteilt, wird die Dielheimer Bevölkerung zum aktiven Dabeisein animiert. Am Ende kommt die stolze Spendensumme von 2.500 Euro zusammen, die an Radio Regenbogen im Rahmen eines Studiobesuchs überreicht wird.
Fortsetzung folgt…